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Angela Westdorf ist Managing Partner bei Signium am Standort Köln. Seit 1998 ist sie bei Signium mit Fokus auf Life Sciences und Healthcare aktiv. Zu Angela Westdorfs Klienten zählen Unternehmen aus Life Sciences in den Bereichen Pharma/Biotech und...
Angela Westdorf: Zunächst einmal gab es einen ungeheuren Druck, die Pandemie in den Griff zu bekommen. Die Hersteller sind in dieser sehr herausfordernden Zeit dann zügig davon weggekommen, sich abzuschotten und alles allein stemmen zu wollen. Die Grundeinstellung hat sich komplett verändert. Natürlich wollen die Unternehmen weiterhin ihren Umsatz und ihre Marge machen. Aber forciert durch Corona haben alle erkannt, dass über neue Kooperationsformen eine Win-Win-Situation für alle entsteht. Niemals hätte ein Impfstoff in dieser kurzen Zeit hergestellt werden können, wenn nicht etwa Merck im Rahmen seiner strategischen Partnerschaft die Lipide an Biontech geliefert hätte oder wenn die Hersteller nicht auf bereits bestehende Produktionskapazitäten bei den großen Pharmakonzernen hätten zurückgreifen können.
Westdorf: Die neue Chefin von Merck, Belén Garijo, hat es in einem ihrer ersten Interviews sehr gut auf den Punkt gebracht. Sie sagt, dass die Pandemie für Europas Medizin ein Weckruf sein müsse und betont, wie wichtig Wissenschaft, Technologie und Tempo seien. Die Krise hat gezeigt, dass wir weltweit exzellente Wissenschaftler haben, es gibt Produktions-Know-how und die Rohstoffe sind gleichfalls vorhanden. Ein Schulterschluss von Regierungen, Wissenschaft und Wirtschaft ist für alle gewinnbringend.
Westdorf: Aus eigener Kraft könnte BioNTech solch eine Umsatzexplosion gar nicht stemmen, weil dem Unternehmen schlicht die Infrastruktur fehlt, angefangen von Mitarbeitern über Produktionskapazitäten bis hin zum Vertrieb. BioNTech hat im vergangenen Jahr zwar rund 700 Mitarbeiter eingestellt und somit die Zahl der Beschäftigten auf gut 2000 Mitarbeiter gesteigert. Ohne Pfizer hätte BioNTech niemals diese Marktpräsenz erreicht. Für den Vertrieb braucht man eine gestandene Organisation und existierende Netzwerke. Kooperationen in dieser Größenordnung hat es in der Pharmaindustrie meiner Meinung nach zuvor nicht gegeben.
Westdorf: Es ist wichtig, Kooperationen auf Augenhöhe einzugehen und dem Partner Respekt und Wertschätzung entgegenzubringen. Man darf nicht das Gefühl vermitteln, den anderen ausbooten zu wollen. Es sollte vielmehr eine Win-Win-Situation entstehen. Die Führungskräfte schließlich müssen bereit sein, übergreifend zu denken. Sie müssen zunächst einmal über ihr Netzwerk geeignete Kooperationspartner identifizieren und dann für sich gewinnen. Schließlich müssen sie das richtige Augenmaß beweisen, wieviel sie gegenüber dem Partner preisgeben können.
Westdorf: Man hat verstanden, dass Kooperationen der Schlüssel zum Erfolg sind, weil man gemeinsam viel mehr in viel kürzerer Zeit bewegen kann. Dafür gibt es in der Gesundheitsbranche gute Vorbilder, etwa im Bereich E-Health. Hier ist das große Schlagwort Interoperabilität. Die Anbieter von Krankenhausinformationssystemen haben erkannt, dass es viel mehr bringt, wenn sie auch anderen Anbietern erlauben, sich mit deren Systemen anzudocken. Früher war das immer ein Closed Shop. Jetzt gibt es offene Schnittstellen.
Pfizer Deutschland-Chef Peter Albiez betonte jüngst, dass die Arbeit über Sektorengrenzen hinweg immer entscheidender werde und plädierte für eine Innovationskultur, die Offenheit, Netzwerkdenken, Experimentierfreude und Vorausdenken fördert und dabei über den eigenen nationalen Tellerrand hinausblickt. So könne man aus dem Innovationsmomentum eine Innovationskultur machen. Ich bin überzeugt, dass solch ein Denken künftig die Entwicklung in vielen Bereichen beschleunigen wird.
Westdorf: Viele Führungskräfte wollen sich den Erfolg allein auf die Fahne schreiben können. Zum Erfolg führt aber nur die Kollaboration. Man muss sich selbst zurücknehmen können. BioNTech hätte das Geschäft mit dem Impfstoff auch im Alleingang machen können. Das hätte dann aber sehr viel länger gedauert. Von dem ungeheuren Tempo profitieren jetzt alle Länder weltweit. Aktuell wächst auch in der Pharmaindustrie ein neuer Managertyp heran, der diesen Gedanken viel stärker lebt als die vorherige Generation. Nehmen Sie Vas Narasimhan, den CEO von Novartis, dessen Mantra „Unboss“ ist, also der Abbau von Hierarchien. Damit beschreitet er bei einem Pharmariesen genau den Weg, der für erfolgreiche Startups Teil der DNA ist.
Angela Westdorf ist als Managing Partner bei Signium mit Sitz in Köln tätig und arbeitet seit 1998 in der Executive Search Beratung. Von 2016 bis 2021 war sie im globalen Signium Board, davon drei Jahre als Vice Chair. Seit 2003 liegt Angela Westdorfs Branchenfokus auf Life Sciences und Healthcare. Zu Ihren Klienten zählen Unternehmen aus Pharma- und Medizintechnik, Diagnostik, Laborketten, Biotech und Private Klinikbetreiber. Sie ist spezialisiert auf die Besetzung von sowohl nationalen als auch globalen Führungspositionen oder international ausgerichteten Stabsfunktionen.
Von 2013 bis 2018 war Angela Westdorf Leiterin der Globalen Life Science Practice von Signium.
Telefon: 0221 78 95 33 31
E-Mail: [email protected]