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Ann Frances Kelly ist Managing Partner bei Signium am Standort Düsseldorf. Sie verfügt über langjährige und umfangreiche Erfahrung im Executive Search und unterstützt diverse Unternehmen bei der Rekrutierung von top Führungskräften und ausgesu...
Seit 2001 erstellt das Forschungsunternehmen Gallup jährlich den sogenannten Engagement Index für Deutschland. Die Studie untersucht, wie stark sich Mitarbeiter an ihre Unternehmen gebunden fühlen und wie sich dies auf deren Engagement und Motivation bei der Arbeit auswirkt.
Die Ergebnisse der aktuellen Studie für das Jahr 2023 könnten Anlass zur Sorge bereiten. Denn lediglich 14 Prozent der Arbeitnehmenden sind demnach emotional „hoch-gebunden“ und fast die Hälfte berichtet von einer Wechselbereitschaft. Zudem liegt der Anteil der Arbeitnehmenden, die angeben, innerlich gekündigt zu haben, mit 19 Prozent bei einem der höchsten Werte in der Geschichte der Erhebung.
„Auch aus der Recruiting-Perspektive erleben wir seit einiger Zeit einen Markt, der von Unsicherheit, Volatilität und durchaus einer gewissen Unverbundenheit der Entscheider und Kandidaten geprägt ist“, berichtet Frances Kelly, Managing Partner bei Signium am Standort Düsseldorf. „Aktuell beschleicht einen das Gefühl, KandidatInnen kämen vom Mars und Hiring-Gremien von der Venus. Unter einem ähnlichen Problem scheint die Beziehung zwischen Unternehmensführungen und ihren Belegschaften zu leiden.“
Smarte Unternehmen verstehen, dass innovative Fringe Benefits wie Sport- und Freizeitangebote, Coaching Programme oder die Bereitstellung von Kitaplätzen nachweislich die Attraktivität als Top-Arbeitgeber enorm steigern. Gerade seit Ende der Pandemie und der aufgedrückten Home-Office-Pflicht sind zudem Unternehmen aller Branchen und Größen bemüht, ihren Mitarbeitenden durch gerechtere und flexiblere Arbeitsmodelle entgegenzukommen. Erhebliche Ressourcen werden investiert, um das Arbeitsumfeld reizvoll und wohltuend zu gestalten, vom Picknick-Garten für die Mittagspause bin hin zu Lounge- und Entspannungsbereichen und Dienstleistungsangeboten vor Ort. Die Arbeitswelt zieht mit.
Und dennoch sinkt das Engagement der Mitarbeiter. „Doch die Hoffnung sollte man nicht gänzlich aufgeben. Herausforderungen sind zweifelsohne da, aber unsere Erfahrungen aus der Praxis sprechen eine andere Sprache“, betont Frances Kelly. “Es ist nach der totalen Disruption der Arbeitswelt ein langer Prozess, aber gute Maßnahmen greifen langfristig und zeigen bereits bei vielen Arbeitgebern die gewünschten Ergebnisse.“
Selten lösen Phasen von Change und Transformation eine Begeisterungswelle in der Belegschaft eines Unternehmens aus. Neue Arbeitsweisen, Prozesse, die Umverteilung von Rollen und Verantwortlichkeiten sind meistens Trigger für Unsicherheit und dadurch Unzufriedenheit. Natürliche und krisenbedingte Transformation ist heute jedoch Alltag – ob im Konzern oder in kleinen und mittelständischen Betrieben. Die Bereitschaft, Prozesse, Strukturen und Arbeitsweisen umzugestalten, um Schritt mit der Zeit zu halten, wird zum wichtigsten Faktor der Wettbewerbsfähigkeit. Wir hören viel über die „Unzufriedenheit im Change“, sehen aber gleichzeitig vielerorts eine stille Akzeptanz der Notwendigkeit von Wandel. „Es macht mich nicht glücklich, aber ich halte es aus“, so die Haltung vielerorts.
Wichtig ist deshalb, realistische Erwartungen zu haben und die Kritik der Mitarbeiter im Gesamtkontext zu bewerten. Höchste Gebundenheit ist in diesem Umfeld äußerst schwierig zu erzielen.
Der Recruiting-Markt hat sich wie alle anderen digitalisiert. Selbst im Executive Search ist es gängige Praxis geworden, Erstgespräche per Video zu führen. Eine Stunde ist schnell freigeschaufelt, um die Neugierde über den eigenen Marktwert zufriedenzustellen. Oder gar festzustellen, ob man jeden noch so anspruchsvollen Wunsch in einem „Arbeitnehmer-Markt“ tatsächlich woanders umsetzen könnte.Sehr häufig merken die vermeintlich Wechselwilligen jedoch früher oder später, dass dies ein Trugschluss ist, und brechen den Prozess ab. Oftmals führt diese Erkenntnis sogar zu einer (zumindest vorübergehend) höheren Verbundenheit mit dem aktuellen Arbeitgeber.
„Irgendwann habe ich gedacht, ich mache nur noch das, was mir gut tut“ – ein Satz, den wir immer wieder hören. Dahinter steckt Druck, Enttäuschung, Stress und vor allem Unsicherheit, insbesondere vor dem Hintergrund stetiger Veränderung. Diese Reaktion ist eine menschliche und daher durchaus nachvollziehbar, aber nicht selten Auslöser einer inneren Kündigung und eines Verhaltens, das Führungskräfte zweifeln lässt. Ein Patentrezept für die Lösung dieser ernstzunehmenden Thematik gibt es nicht. Die Praxis zeigt aber, dass eine intensive und transparente interne Kommunikation der Unternehmensziele und eine Erklärung der Maßnahmen, die zu einer sicheren Zukunft führen, die Mitarbeiter durchaus abholen und sie dazu motivieren, ihren Beitrag dazu zu leisten. Feingefühl und Geduld in der Führung tun ihr Übriges dazu.
In unserer täglichen Arbeit beobachten wir, trotz aller beunruhigenden Zeichen zur schwindenden Verbundenheit, dass die Suche nach Wechselwilligen dennoch sehr herausfordernd ist. „Ich bin aktuell sehr zufrieden“, ist die spontane Antwort auf mehr als die Hälfte unserer Anfragen und in fast jedem Fall wird sie mit der positiven Führungskultur des gegenwärtigen Arbeitgebers begründet. Diese Erfahrung spiegelt sich auch in der Gallup Studie wider, die berichtet: „emotionale Mitarbeiterbindung ist das Ergebnis guter Führung“. Selbst die viel-gescholtene Gen Z, deren Angehörige ihre Ausbildung, junge Berufsjahre oder ihr Studium in der Isolierung der Pandemie verbrachten, sprechen von einer hohen Verbundenheit mit ihren Teams und Arbeitgebern und schätzen überraschend viel Arbeit in Präsenz. Unternehmen und Führungskräfte sind gut beraten die Ergebnisse aus internen und externen Befragungen ernst zu nehmen und ursächlich zu analysieren, aber die Mühen stabilere Verhältnisse zu schaffen scheinen sich auszuzahlen.