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Carolin Fourie ist Managing Partner bei Signium am Standort München. Sie arbeitet seit 2001 in der Executive-Search-Beratung. Zu ihren langjährigen Kunden zählen große familiengeführte Mittelständler, Private Equity- sowie auch namhafte börsen...
Joanna Proença de Carvalho: Die Bedeutung ist zwar gleichgeblieben. Was sich aber geändert hat, ist die Geschwindigkeit im unternehmerischen Alltag. Das Onboarding sollte deshalb heute schon vor dem ersten offiziellen Arbeitstag starten. Für einen strukturierten Onboarding-Prozess ist danach gar keine Zeit mehr, zumal heute erwartet wird, dass ein neuer Chef schnell sichtbare Ergebnisse liefert. Das bewerte ich als riskant. Der Druck ist enorm gewachsen.
Carolin Fourie: Die Bedeutung des Onboardings wird zwar von den Unternehmen als hoch eingeschätzt. Die Praxis zeigt jedoch, dass viele Arbeitgeber bis zum mittleren Management einen Prozess aufgesetzt haben, aber nicht für die Top-Führungskräfte. Vor allem bei C-Level / Executive Kandidaten, die von extern kommen, ist ein Onboarding bzw. eine Einführung besonders wertvoll. Studien belegen, dass neue Chefs nicht an mangelnden Skills und Kompetenzen scheitern. Vielmehr sind sie nicht erfolgreich, wenn ihnen die Unternehmenskultur verschlossen bleibt und sie Strukturen und Prozesse im Unternehmen nicht verstehen.
Proença de Carvalho: Bei Signiumin Portugal bieten wir deshalb unseren Klienten die Möglichkeit an, dass wir eine neue Führungskraft und ihren unmittelbaren Vorgesetzten in den ersten Monaten coachen. Wir erhielten das Feedback, dass dies sehr wertvoll sei und den Onboarding-Prozess beschleunige.
Proença de Carvalho: Die große Gefahr ist heute, dass Kandidaten auch nach einer Zusage weitere attraktive Angebote bekommen und womöglich abspringen. Manche Unternehmen arbeiten bereits an einem Pre-Onboarding und kontaktieren die künftigen Mitarbeitenden zweimal pro Woche, senden Informationen über die Unternehmenskultur, interne Abläufe ebenso wie Fachliches und laden zu Events ein. Am ersten Arbeitstag sind bereits alle Formalitäten erledigt und alles ist startklar.
Fourie: Ein erfolgreiches Pre-Onboarding reduziert das Risiko, dass Kandidaten vor Arbeitsantritt abspringen und dann Zeit und Geld für neue Suchprozesse aufgewendet werden müssen. Es muss deshalb gelingen, durch regelmäßigen persönlichen Kontakt und Informationsaustausch frühzeitig eine Bindung an den neuen Arbeitgeber aufzubauen. Auch kleine aufmerksame Gesten wie ein Anruf zum Geburtstag, eine Weihnachtskarte oder eine Einladung zum Firmenfest vor Antritt der neuen Aufgabe machen den Unterschied und schaffen eine Beziehung.
Proença de Carvalho: Das hängt von der Komplexität des Unternehmens, der Firmenstruktur, der Mitarbeiterzahl und auch der Zahl der Stakeholder ab. Am wichtigsten sind zunächst die Gespräche mit dem Team, den Kunden und allen anderen Stakeholdern, um sich ein sehr genaues und vor allem eigenes Bild von der aktuellen Lage des Unternehmens machen zu können. Man darf nicht vergessen, dass in einem Unternehmen viel darüber gesprochen wird, wie etwas sein sollte. Das entspricht aber nicht unbedingt dem Ist-Zustand. Dieses Delta zu ermitteln, braucht Zeit, bildet aber das Fundament für jede kluge Strategie.
Fourie: Eine neue Führungskraft muss zügig die ungeschriebenen Gesetze des Unternehmens kennenlernen und erfahren, wer relevante und wertvolle Wissensträger sind, unabhängig von deren Funktion oder Titel. Diese Orientierungshilfen kann zum Beispiel ein Mentor – etwa der bisherige CEO, ein Aufsichtsrat oder ein Beirat – geben. Das beschleunigt den Onboarding-Prozess und erhöht im Idealfall schon früh die Bindung an das Unternehmen. Unerlässlich ist zudem, dass eine gute und klare Kommunikation etabliert wird. Dazu gehört auch ein regelmäßiges Feedback, was auf den hohen Führungsebenen eher selten ist.
Fourie: Von einem CEO wird ein Auftritt erwartet, nach nur ein paar Tagen einen Strategiewechsel zu verkünden ist aber sicher ungewöhnlich. Natürlich sollte ein Neuer sein Gesicht zeigen, sich vernetzen und im Unternehmen bekannt werden. Wer aber zu schnell konkrete Ziele nennt, muss sich daran messen lassen. Familienunternehmen haben meiner Erfahrung nach gemäßigtere Erwartungen. Drei meiner Mittelstandskunden betonten in den vergangenen Monaten, dass sie nach den ersten 100 Tagen keine Roadmap oder eine neue Strategie erwarten würden. Aufsichtsrat oder Beirat wünschten sichvielmehr, dass sich die neue Führungskraft mit der Unternehmenskultur vertraut macht, die wichtigsten Stakeholder kennenlernt und die Mannschaft hinter sich bringt. Von mir platzierte Kandidaten spiegelten zurück, dass sie zunächst zu allen wichtigen Landesgesellschaften gereist sind und im Team einstweilen keine großen strategischen Kursänderungen kommuniziert haben.
Fourie: Ich bleibe in Kontakt und rufe meine Klienten und Kandidaten nach Beginn des neuen Jobs an. Von den Unternehmen möchte ich wissen, wie die Kandidaten ankommen und ob ich gegebenenfalls in irgendeiner Form helfen kann. So hörte ich zum Beispiel den Wunsch, dass ein neuer CFO mehr mit seinem Team kommunizieren solle, statt sich auf die fachlichen Themen und Herausforderungen zu fokussieren. Dieses Feedback wurde dem Kandidaten erstaunlicherweise nicht direkt gegeben.
Proença de Carvalho: Bei Signium Portugal rufen wir die Kandidaten einen Tag vor dem offiziellen Start an und dann noch einmal nach einem Monat sowie nach drei, sechs und zwölf Monaten. Regelmäßig sprechen wir mit unseren Klienten. Wenn wir hören, dass etwas nicht rund läuft, melden wir uns sofort. Unsere Rolle beinhaltet sicherzustellen, dass die Integration ins neue Wirkungsfeld gelingt und alles gut verläuft.
Fourie: Die Verbindlichkeit hat in den vergangenen Jahren abgenommen, das Tempo der Veränderungen steigt stetig. Aus unserer Sicht sind der frühe Aufbau einer verlässlichen Beziehung, regelmäßige Kommunikation mit klarem Feedback und das gegenseitige Einhalten von Zusagen noch wichtiger geworden.
Carolin Fourie ist Managing Partner bei Signium in München und arbeitet seit 2001 in der Executive-Search-Beratung. Zu ihren langjährigen Kunden zählen familiengeführte, große Mittelständler, Private Equity- wie auch namhafte börsennotierte Unternehmen. Darüber hinaus gehören die Besetzung von CFOs und die Breite der Direct Reports branchenübergreifend zu ihrer Expertise.
Carolin Fourie leitet als Global Industrial Practice Group Head die weltweiten Aktivitäten von Signium im breiten Feld der Industriekunden. Sie kann auf nationale sowie internationale Besetzungen für die produzierende Industrie verweisen. Auch im Technologie-Segment betreut Carolin Fourie seit vielen Jahren internationale Kunden der Telekommunikation und der IT. Darüber hinaus begeistert sie sich für Leadership Themen und unterstützt Executives als Coach.
Telefon: 089 92796 188
E-Mail: [email protected]
Joanna Proença de Carvalho kam 2017 zu Signium. Ihre Karriere hatte sie bei Anderson Consulting gestartet. Sie begleitete die Integration von Heidrick & Struggles. Sie entwickelte und startete den Bereich Leadership Services in Portugal, Südeuropa sowie Lateinamerika. Im Jahr 20006 integrierte sie die portugiesische Designagentur Brandia Central, bei der sie Führungsfunktionen in den Bereichen Human Resources und Support in Portugal, Angola und Brasilien übernahm. Von 2012 bis 2015 arbeitete sie als Partner bei FESA in Brasilien. FESA ist vor Ort für Finanzdienstleistungen der größte Executive Search Dienstleister. Joanna Proença de Carvalho blickt auf mehr als 21 Jahre Erfahrung in der Branche zurück. Für die Branchen Maschinen- und Anlagenbau, Telekommunikation, Industrie, Medien, Gesundheitswirtschaft und Dienstleistungen hat sie Führungskräfte gesucht und diese Branchen auch beraten.
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