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Heinz T. Juchmes, Managing Partner der internationalen Personalberatung Signium, sucht im Auftrag von Aufsichtsräten und Beiräten Finanzvorstände sowie Finanzgeschäftsführer für Dax-, Familien- und Portfolio-Unternehmen. Seine Checkliste mit den notwendigen Qualifikationen ist deutlich länger geworden. „Der CFO von heute ist mit einem kaufmännischen Vorstand oder Geschäftsführer von früher nicht mehr vergleichbar“, sagt Juchmes.
Juchmes: Die Unternehmen bewegen sich heute in einem deutlich komplexeren Umfeld als in der Vergangenheit. Die Digitalisierung des Unternehmens betrifft den CFO und seinen Bereich im vollen Umfang. Dabei geht es nicht nur um die Entwicklung und Steuerung interner Prozesse, sondern auch um die Entwicklung neuer Produkte, Geschäftsmodelle etc. Ein weiteres großes und wichtiges Thema ist Compliance: Zur Vermeidung etwa von Korruptionsfällen gilt es, die interne Organisation entsprechend aufzustellen. Bei börsennotierten Unternehmen ist die Kommunikation mit den Kapitalmärkten eine weitere große Herausforderung, denn diese fordern heute mehr Transparenz über Gewinnentwicklung, Unternehmensstrategie etc. In vielen Fällen haben die M&A-Aktivitäten der Firmen stark zugenommen. Dies kann z. B. umfangreiche Kenntnisse Strukturierter Finanzierungen erfordern. In all diese Aufgabenstellungen ist der CFO involviert. Der heutige CFO ist Business Enabler und Prozess-Treiber gleichermaßen. Er kann Unternehmensprozesse ganzheitlich betrachten und somit entsprechend steuern.
Juchmes: Dies hängt von der Unternehmenssituation ab (generell ist heute das Finanzressort bei der Erschließung neuer Märkte, M&A-Aktivitäten und in IT involviert). Der CFO begleitet den Prozess der Internationalisierung im Rahmen seiner Verantwortung für M&A. Er überwacht nicht nur die Kosten, sondern ist auch vor Ort, wenn etwa eine Vertriebstochter gegründet oder ein Produktionsstandort gesucht wird. Stark gefordert ist der CFO aktuell zudem bei allen Fragen rund um die IT wie Cloud-Computing, Big Data, Internet der Dinge, Datensicherheit etc. Heutzutage braucht er nicht nur ein exzellentes Verständnis für Zahlen, sondern auch für komplexe IT-Lösungen. Seine digitale Kompetenz sollte ein CFO schon in einem anderen Unternehmen unter Beweis gestellt haben, bevor wir ihn einem Klienten als möglichen Kandidaten präsentieren. Grundsätzlich beobachten wir, dass die jüngeren CFOs sehr viel versierter bei den aktuellen IT-Themen sind. Last but not least ist der CFO heute viel stärker gefordert, wenn es um Entscheidungen zu „Make Collaborate or Buy“ geht.
Juchmes: Früher hat ausschließlich der CEO Aussagen zur Strategie und zu operativen Maßnahmen getroffen. Heute muss auch der CFO dazu in der Lage sein, auf Augenhöhe mit dem CEO zu agieren. Der CFO besitzt heute einen breiteren Ausbildungshintergrund aus dem Studium als ausschließlich Rechnungswesen, Controlling, Steuern etc. Über die theoretischen Grundlagen der Unternehmenssteuerung hat er sich im Laufe seines Berufslebens mit Geschäftsmodellen und strategischen Themenstellungen vertraut gemacht. Anders als früher geht der Finanzvorstand heute zum Beispiel auch zu Kunden oder als Vertreter des Vorstandsvorsitzenden auf Roadshows. Entsprechend gut muss er sich in der Kommunikation mit den Kapitalmärkten auskennen. Auch wenn viele der CFOs nicht unbedingt „die Bühne suchen“, müssen sie sie beherrschen. Der CFO ist immer noch der zweite Mann hinter dem CEO, der als agierender und akzeptierter Gesprächspartner immer im Austausch mit diesem steht.
Juchmes: Dank der höheren Qualifizierung haben sich die Chancen verbessert, an die Spitze eines Unternehmens zu rücken. In zahlreichen Dax-Konzernen wie Siemens, Allianz, Deutsche Telekom, BASF, RWE stehen frühere CFOs als CEO an der Spitze. Die Beispiele belegen aber auch, dass sich der Aufstieg oftmals innerhalb des Konzerns vollzieht. Dass etwa ein ehemaliger CFO einer Fluggesellschaft zum Vorstandsvorsitzenden eines Chemie- und Pharmakonzerns aufrückt, ist eher die Ausnahme. Ein branchenfremder CEO braucht in der Regel zu lange, um Märkte, Produkte und Wettbewerber einschätzen, auf Augenhöhe mit dem Aufsichtsrat Impulse geben und über Strategien mitentscheiden zu können.
Ist es aufgrund der höheren Anforderungen schwieriger geworden, geeignete Kandidaten für das Finanzressort zu finden? Und welche Rolle spielt das Ausland bei der Suche?
Juchmes: Ja, es ist schwieriger geworden. Dank unserer langjährigen Expertise und der Spezialisierung auf die Suche von CFOs gelingt es uns aber trotzdem, eine Stelle meist binnen sechs Monaten zu besetzen. Dabei suchen wir auch viel stärker als früher im Ausland. Wir sprechen zum Beispiel deutsche Führungskräfte an, die für deutsche Konzerne im Ausland arbeiten, gern zurückkehren möchten, aber wegen eines Führungskräftestaus aktuell keine Perspektive bei ihrem Arbeitgeber haben. Viele deutschsprachige Führungskräfte bei ausländischen Unternehmen kommen als Kandidaten in Betracht, insbesondere dann, wenn diese ihren Wohnsitz nicht im jeweiligen Herkunftsland ihres aktuellen Arbeitgebers sehen. Eine dosierte Auslandserfahrung ist bei einer CFO-Karriere generell von Vorteil.
Juchmes: Nach einem Hochschulabschluss als Diplom-Kaufmann, Informatiker oder Wirtschaftsingenieur sollte eine Station bei einer Industrie-Top-Adresse aller Größenordnungen, einer Unternehmensberatung oder einer der großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften folgen. Auslandserfahrung erwirbt man in erster Linie über den Arbeitgeber in Deutschland; in den ersten zehn Jahren sollten sich die Kandidaten zügig weiterentwickeln, also alle drei bis vier Jahre den nächsten Karriereschritt vollziehen. Besonders geschätzt wird, wenn ein Finanzprofi eine Auslandsgesellschaft geleitet hat. Das steigert nach seiner Rückkehr seine Glaubwürdigkeit. M-/TecDax-Unternehmen oder Familienunternehmen legen zudem viel Wert darauf, dass die Kandidaten nicht nur in der Konzernwelt gearbeitet, sondern auch die Kultur „mittelständisch agierender“ Unternehmenseinheiten kennengelernt und sich dort bewiesen haben. Wenn ein CFO diese Voraussetzungen mitbringt, ist das ideal. Solche Kandidaten suchen und finden wir für unsere Klienten.