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Karin Peschl ist Managing Partner bei Signium am Standort München. Seit 2010 ist sie bei Signium aktiv. Ihre Schwerpunkte im Executive Search liegen in den Branchen Automotive, Industrie, Technologie und Medizintechnik. Executive Search Beraterin mi...
Karin Peschl: Auch ein CEO wie der kontrovers-genialische und überselbstbewusste Elon Musk wird irgendwann mal scheitern. Wie auch vor ihm viele Leader, denken Sie an Bill Gates, Jack Ma oder Steve Jobs. Auch viele Sportler und Politiker wissen das: Rückschläge tun weh! Aber viel wichtiger ist: Sie stehen wieder auf, wenn sie hinfallen. Sie schütteln sich, schauen nach vorne und kämpfen weiter. Das Wichtige ist, Misserfolge zu reflektieren und daraus zu lernen.
Peschl: Leider sind Rückschläge immer noch ein Tabu-Thema in der Businesswelt, die Unsicherheit im Umgang damit groß. Wer war schuld? Das ist eine sehr deutsche Frage. Wer erfolgreich sein will, darf nicht versagen – so ist bis heute die Grundeinstellung im Management. Die Weste muss blütenweiß sein. In Amerika sieht das ganz anders aus – dort werden Sie bei einer Kündigung mit einer Abschiedsparty verabschiedet. Und gekündigte oder gescheiterte Manager finden zumeist viel schneller wieder Anschluss. Von diesem Umgang mit Fehlern und Rückschlagen können wir viel lernen.
Ein Karriereknick passiert meist nicht aus einem einzigen Grund. Denken Sie an eine Fusion, ein neuer CEO wird eingesetzt, Strategiewechsel, das Börsenziel wurde nicht erreicht, eine Phase des „cost cuttings“ wird eingeläutet. Dann kommt vielleicht noch eine weltweite Pandemie – that’s life. Auch ohne solche epochalen Krisen ist das Eis auf Führungsebene grundsätzlich sehr dünn, der Druck groß. Doch auch für schwere „Schicksale“ gibt es seit Corona mehr Akzeptanz. Denn die allgemeine Situation auf dem Kandidatenmarkt ist dynamischer geworden: Es gibt mehr Wechsel. Und: Arroganten Alleskönnern mit makellosem Lebenslauf stehen viele deutlich kritischer gegenüber als vielleicht noch vor der Pandemie.
Bleiben Sie professionell: akzeptieren Sie den Rückschlag, geben Sie sich Zeit durchzuatmen und überlegen: Was könnte ich denn dazu beigetragen haben und das nächste Mal besser machen? Verfallen Sie nicht in Aktionismus, um sich von der Realität abzulenken. Behalten Sie Ihr Karriereziel fest vor Augen und nutzen Sie auch einen möglichen Side-Step, um Fähigkeiten zu verbessern und um sich zu Ihrer Wunschposition vorzuarbeiten. Suchen Sie sich ein Umfeld mit Unterstützern, die Ihnen die Wahrheit sagen – Bestätigung von opportunistischen Ja-Sagern braucht niemand.
Zum Beispiel: Statt dem direkten Weg, etwa zu einem Director Operations, kann sich der Umweg über das Lean Management lohnen, um mit den richtigen Erfahrungen und Kenntnissen im richtigen Moment bereit für den erfolgreichen Aufstieg zu sein.
Zu viel erklären und sich zu rechtfertigen ist ein genauso großes No-Go wie den Rückschlag nicht proaktiv zu thematisieren. Wer eine halbe Stunde auf den eigenen Fehlern rumreitet, disqualifiziert sich. Genauso schlecht ist es, einen Rückschlag runterzuspielen oder nicht proaktiv anzusprechen. Stattdessen kommt es auf einen offenen, aber gleichzeitig auch pragmatischen Umgang mit Fehlern an.
Auch ein Lebenslauf mit 10 Stationen ist kein KO-Kriterium. Es gibt Krisen, es gibt familiäre Rahmenbedingungen, und es gibt ab und zu eben auch mal Pech. Manchmal ist man in einem Umfeld, wo eines das andere ergibt und der persönliche Karrieretrend spiralförmig nach unten geht. Von Sprüngen lässt sich nicht auf mangelnde Eignung schließen.
Mir fällt als Beispiel eine junge aufstrebende und erfolgreiche Führungskraft in einem Konzern ein, die nach einem CEO-Wechsel aus der Verantwortung genommen und in einen wenig zukunftsorientierten Geschäftsbereich versetzt wurde. Eine anschauliche und offensichtliche Degradierung. In unserem Austausch spricht der Kandidat das Ereignis proaktiv an, erklärt warum es dazu gekommen ist und was er daraus gelernt hat. Die Situation wurde rational analysiert, der eigene Part nicht beschönigt und dieses Ereignis auch nicht überbewertet. Da er erst ein paar Monate im Unternehmen war, wollte er nicht gleich kündigen. Doch er hat diese Krise genutzt, ganz grundlegend seinen Karriereweg zu überdenken. Es führte dazu, dass er seine Zukunft langfristig im Mittelstand und nicht in einem Konzern sieht und dieses Ziel mit vollem Elan und Zuversicht verfolgt.
Ein mir bekannter ehemaliger CEO wurde auf Grund eines nicht erreichten Ergebnisses abgelöst und war ab Tag 1 der Freistellung auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Er geht vorbereitet in unser Gespräch, hat bereits die Wunschzielliste der zukünftigen Arbeitgeber parat und kann präzise seine zukünftige Wunschposition beschreiben, das in Frage kommende Umfeld, seine Stärken, Mobilität, Erwartungen etc. Ein Kurzurlaub hat ihm als Auszeit gereicht und er ist voll der Motivation und Energie.
Was er nicht kann und vor allem nicht will, ist über das Ereignis selber zu sprechen und was dazu geführt hat. Dabei würde es um seine Reflektion gehen, seine Bereitschaft über den Teil zu artikulieren, was er eventuell anders hätte machen können. Auch wenn es nur ein Detail wäre und nicht der Grund, es wäre ein konstruktives und positives Zeichen für seine Persönlichkeit, Empathie, für seine Lernfähigkeit, Mut und Resilienz.
Es geht um das richtige Mindset: Wie man das Geschehene reflektiert und um den Umgang mit den Misserfolgen. Was hat man gelernt und was nimmt man mit. Rücksetzer sind nicht so wichtig, sondern die richtige Sicht darauf und der Umgang damit. Auch meine eigene Karriere in der Industrie verlief wie eine gute „Value Aktie“. Solide nach oben – aber nicht ohne Rücksetzer. Das macht mich heute zu einer besseren Personalberaterin. Durch meine persönlichen Erfahrungen kann ich meine Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner abholen und ein offener und transparenter Austausch entsteht. Da fühl ich mich ein stückweit als „Value Beraterin“ (lach).
Erfolgreiche Führungskräfte beweisen eine Learning-Attitude. Das ist das Maßgebliche, was Headhunter und deren auftraggebende Unternehmen wissen wollen, wie Kandidaten damit umgehen: Selbstreflektierend, proaktiv, transparent, mutig und resilient. Fehler zugeben und über Learnings und Erkenntnisse sprechen, damit stechen sie hervor. Damit demonstrieren sie eine starke Persönlichkeit, Lernfähigkeit und Bodenhaftung. Rückschläge erden. Sie machen sie zu einer empathischeren und besseren Führungskraft.