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Dahlems: Bei einem Dax-Konzern müssen Aufsichtsratsvorsitzende 30 bis 50 Arbeitstage pro Jahr für ihre Aufgabe als Kontrolleur einplanen. Deshalb halte ich es zeitlich eigentlich für nicht machbar, wenn ein Vorstandsvorsitzender eines Top-30-Unternehmens gleichzeitig den Aufsichtsrat eines Dax-Konzerns führt. Als einfaches Aufsichtsratsmitglied sind vielleicht zwei bis drei Mandate möglich. Ein nicht mehr aktiver Manager sollte maximal zwei Konzerne als Aufsichtsratschef kontrollieren. Zudem befürworte ich eine begrenzte Wiederwahl. Nach zwei Amtszeiten im selben Unternehmen sollte Schluss sein, egal ob als Vorsitzender oder als einfaches Mitglied.
Dahlems: Ein Ex-Vorstandschef hat tiefe Einsichten in das Unternehmen, die Branche und die Märkte sowie ein belastbares Netzwerk. Mit dieser Expertise kann er als Aufsichtsratschef den Vorstand unterstützen. Schließlich soll er in diesem Amt nicht nur kontrollieren, sondern auch ein Ratgeber für eine weitsichtige Firmenstrategie sein. Dennoch überwiegen die Nachteile. Die „Cooling-off-Periode“ erfüllt nicht ihren Zweck. Wenn ein Vorstandsvorsitzender nach seinem Ausscheiden schon als späterer Aufsichtsratschef gehandelt wird, lässt er sich in den zwei Jahren haarklein informieren. Er spielt im Hintergrund mit und hat wenig Interesse daran, dass sein Nachfolger als Vorstandsvorsitzender die Strategie auf den Kopf stellt. Aber jeder Neue möchte natürlich auch seine eigene Duftmarke setzen. Ich hielte es deshalb für konsequenter, wenn ein Vorstandsvorsitzender später gar nicht das eigene Unternehmen kontrollieren darf.
Dahlems: Ich bezweifle sehr, dass es nicht genügend Kandidaten gibt. In den Dax-Konzernen bleibt man gern unter sich. Ein guter Kontrolleur muss aber nicht unbedingt ein so großes Unternehmen oder einen großen Bereich eigenverantwortlich geführt haben. Der Eigentümer oder Vorsitzende der Geschäftsführung eines Mittelständlers mit zwei bis drei Milliarden Euro Umsatz wird ein Aufsichtsmandat ebenso gut managen können. Zeiss-Chef Michael Kaschke (Telekom, Henkel) oder Familienunternehmer Theo Siegert (Henkel, Eon, Merck) sind dafür Beispiele. Die Suche im Mittelstand mag aufwendiger sein als in den eigenen Reihen, aber Personalberater können die Unternehmen hierbei unterstützen.
Dahlems: Ein erfolgreicher Aufsichtsrat setzt sich aus Mitgliedern mit sehr unterschiedlicher Expertise zusammen, neben dem gesetzlich geforderten Finanz-Know-how sind das zum Beispiel Branchenkenntnisse, langjährige unternehmerische Erfahrung, emotionale Intelligenz, aber auch ein geschärfter Blick für die großen Trends. Insofern wäre es klug, wenn stärker quer gedacht würde. Banken etwa könnten sicher vom Rat eines erfolgreichen FinTech-Chefs profitieren. Je größer die Expertise, desto stärker sinkt auch das Risiko, Fehlentscheidungen zu treffen und dafür im schlimmsten Fall haftbar gemacht zu werde
Dahlems: Da bin ich skeptisch. Berater haben eine sehr gute Ausbildung und produzieren intelligente Konzepte für die Unternehmensstrategien. Bei der Umsetzung sind sie jedoch eher selten dabei. Aber gerade im Aufsichtsrat, der den Erfolg eines Unternehmens kontrollieren soll, sind praxiserprobte Mitglieder, die Strategien und Visionen auf Machbarkeit prüfen können, unerlässlich. Können sie das nicht, werden sie schon allein von den Mitgliedern der Arbeitnehmerseite, also den Betriebsräten und Gewerkschaftsvertretern, schnell in die Realität geholt. Aber natürlich gilt auch: Keine Regel ohne Ausnahme.
Dahlems: Die gesetzliche Quote sorgt für Bewegung. Das zeigt das Beispiel der Dax-Konzerne Fresenius und Fresenius Medical Care, die den diesjährigen Hauptversammlungen gleich vier Frauen vorschlagen und damit die Quote auf einen Schlag und pünktlich erfüllen. Bei der freiwilligen Quote herrscht jedoch Windstille. Wenn keine Strafe droht, passiert auch nichts. Ich kenne jedoch kein Unternehmen, das sich gegen die Berufung von Frauen in die Aufsichtsräte sträubt. Es ist nur schwierig, geeignete Kandidatinnen zu finden. Letztlich führt es dazu, dass Trumpf-Lenkerin Nicola Leibinger-Kammüller, Allensbach-Chefin Renate Köcher und die Wirtschaftsprofessorin Ann-Kristin Achleitner zahlreiche Mandate auch im Dax anhäufen. Eine externe und systematische, auch internationale Suche durch Personalberater würde den Kreis der potentiellen Kandidatinnen sicher deutlich erweitern.