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Frances Kelly: Es mag sein, dass sich die Konzernwelt in Hinblick auf Führungsstil vom Mittelstand unterscheidet, etwa was auf der einen Seite das prozessorientierte Arbeiten angeht, und auf der anderen die Agilität und das „Out of the Box“-Denken. Doch ungeachtet der Größe und Branche des Unternehmens zeichnen gute Führungskräfte drei zentrale Kriterien aus: Klarheit, Beständigkeit und Authentizität. Klarheit könnte man auch mit Ehrlichkeit gleichsetzen. Beständigkeit betrifft die Prinzipien der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Führungskraft. Das können die operativen Ziele, aber auch die strategische Vision sowie die grundsätzlichen Werte sein. Authentizität zeichnet Führungskräfte aus, die als Vorbild agieren und Integrität und Entscheidungsstärke beweisen.
Umair Safdar: Es gibt keinen Unterschied zwischen einer Führungskraft aus einem Konzern und einem mittelständischen Unternehmen. Jedenfalls keinen, der sich beim bloßen Draufschauen erkennen lassen kann. Gute Führungskräfte sind in der Lage, sich in beiden Bereichen einzuarbeiten und erfolgreich zu sein. Nehmen Sie Elon Musk. Fast die gesamte Twitter-Community ist überzeugt, dass er ein schlechter Chef ist. Seine Mitarbeiter bei Tesla würden für ihn von einer Klippe springen. Es kommt also auf den Kontext an, in dem eine Führungskraft wahrgenommen und beurteilt wird. Echte Führungsqualität hat nur einen Maßstab: Vertrauen. Die besten Führungskräfte schaffen Vertrauen und nutzen es, um gemeinsam mit ihrem Team lösungsorientiert zu arbeiten. Zu erkennen, welche Form der Wertschätzung seine Mitarbeiter motiviert und antreibt, das zeichnet einen echten Profi aus. Der wichtigste Motivationsfaktor sind die Werte, die Mitarbeiter mit dem Unternehmen teilen.
Frances Kelly: Nein. Bei Empathie kommt es auf die individuelle Persönlichkeit an. Entweder man ist empathisch oder nicht. Die Arbeitsumgebung hat darauf keinen Einfluss. Ein bestimmtes Verhalten oder bestimmte Werte werden unterschiedlich gefördert. Es gibt Unternehmen, die Führungskräfte belohnen, die sich an Vorgaben halten, egal welche Folgen das haben kann. Es gibt Firmen, die einen Schwerpunkt auf ein soziales und achtsames Miteinander setzen.
Frances Kelly: Man hat mehr Möglichkeiten für Kreativität in Arbeitsumgebungen, die offene Prozesse prägen und dadurch mehr Freiräume bieten. Das ist in mittelständischen Unternehmen häufiger der Fall. In Konzernen sind Prozesse notwendigerweise strikter. Mit der Größe des Unternehmens nimmt die Komplexität der Prozesse zu. Je größer das Unternehmen, desto wichtiger ist ein bestimmtes Maß an Kontrolle, um den Input und Output zu messen. Aber auch in solchen Strukturen ist kreatives Denken und Arbeiten möglich. Dieser unternehmerische Ansatz ist auch in der Konzernwelt möglich und wichtig.
Frances Kelly: Es geht um fachliche Kompetenz. Aber auch das soziale Gespür, die Empathie ist wichtig. Doch über den Erfolg entscheidet am Ende das Wertesystem. Hierauf achten wir als Personalberater besonders. Was motiviert Kandidaten, einen guten Job zu machen und ihr Bestes zu geben? Extrinsische Faktoren wie die Vergütung sind natürlich wichtig. Aber die beste Motivation ist die, die sich aus den grundlegenden Werten speist, die ein Kandidat bezüglich seiner Ziele hat – und die sich mit denen des Unternehmens decken.
Umair Safdar: Seinen Job gut zu machen, „abzuliefern“, also die operativen Ziele zu erreichen, ist die eine Sache. Sich für seine Mitarbeiter einzusetzen, Verantwortung zu übernehmen, darauf kommt es ebenso an. Gute Führungskräfte haben keine Angestellten, sondern Anhänger. Sie wechseln das Unternehmen und nehmen ihre treuen Mitarbeiter mit. Denn man darf nicht vergessen: Menschen arbeiten mit anderen Menschen, weil sie sie schätzen, weil sie ihnen vertrauen. Es kommt auf die Balance an, beides zu vereinen: Die Fähigkeit empathisch zu sein, und das Business zu verstehen und gut in dem zu sein, was man tut.
Umair Safdar: Ich habe Führungskräfte begleitet, die aus dem Mittelstand zu einem DAX-Unternehmen gewechselt sind und andersherum. Diejenigen, die Erfolg hatten, sind in ihren neuen Bereichen weitergekommen, weil sie ihren Werten treu geblieben sind. Es gibt natürlich Beispiele, wo solche Wechsel nicht funktionieren. Im Mittelstand könnten sich beispielsweise Inhaber, die emotional Entscheidungen treffen, schnell mit neuen Führungskräften überwerfen. Diese Probleme gibt es in Konzernen seltener. Dort werden Werte und Ziele nicht über Nacht neu definiert.
Frances Kelly: Unsere Erfahrung beweist es immer wieder: Nicht auf den Background, also den Mittelstand oder den Konzern, kommt es an. Die Führungsqualität eines Managers ist immer im Kontext seiner Aufgabe zu bewerten. In welcher Phase befindet sich das Unternehmen? Für was wird die Führungskraft gebraucht? Was für ein Wertesystem, welche Kultur soll hochgehalten werden? Darauf sollten sich Entscheider konzentrieren, und sich für die Vielfalt aus beiden Welten öffnen.
Frances Kelly ist Managing Partner bei Signium am Standort in Düsseldorf. Sie verfügt über mehr als 20 Jahre Executive Search-Erfahrung. Ihre ausgewiesene Expertise und Spezialisierung liegt in den Branchen FMCG (Food / Non-Food), Sport und Lifestyle sowie Life Science.
Umair Safdar schloss sich 2020 der Signium Partnerschaft als Managing Partner am Standort in Düsseldorf an. Mit Schwerpunkten in der Industrie und in FMCG hat er sich auf Führungspositionen in den Bereichen SCM, Operations und Einkauf spezialisiert.